Autofiktion & Bewusstsein - Selbsterzählungen zwischen Erfahrung und Erfindung

Was, wenn unser Selbst nur eine Erzählung ist? Wie wird diese Erzählung für andere Menschen zugänglich? Wieviel davon ist wahr, wieviel davon erfunden? In diesem Projekt nähern wir uns dem sich erzählenden Selbst künstlerisch-forschend an.

Fiche signalétique

Situation

Nichts ist uns so vertraut wie unsere eigene Perspektive. Gleichzeitig scheint sich das, was sie zu unserer eigenen macht – ihr subjektiver Gehalt – einer empirischen Erforschung und der damit verbundenen Objektivierung zu entziehen. Dieser Problematik stellen wir uns mit einem radikal neuen Ansatz: indem wir das Selbst nicht, wie in den Natur- und Sozialwissenschaften, als theoretisches Konstrukt «beschreiben», sondern durch eine künstlerisch-forschende Praxis «er-schreiben».

Approche

Ausgehend von der These, dass autofiktionale Texte, wie sie in der Gegenwartsliteratur omnipräsent sind, als sprachliche (Re-)Konstruktionen des Selbst und somit als allgemein zugängliche Modelle eines subjektiven Erfahrungsraumes angesehen werden können, werden repräsentationalistische und kompositorische Begriffe aus der Bewusstseinsphilosophie für eine wissenschaftliche Untersuchung autofiktionaler Literatur herangezogen und in einem Prozess der literarisch-forschenden Rekonstruktion phänomenologisch erprobt. Ausgangspunkt der Untersuchung bilden narrative Interviews mit Autor*innen zeitgenössischer autofiktionaler Texte, in denen das Verhältnis von Fakt und Fiktion, die Funktion von Autofiktion und die Dialektik von Theorie und Praxis neu ausgehandelt werden.

Résultat

Die Erkenntnisse aus den Interviews werden nicht nur in eine literaturwissenschaftliche Untersuchung zu den Modi der literarischen Autofiktion einfliessen, sondern auch praktisch-ästhetisch fruchtbar gemacht. Dazu werden sie in eine bewusstseinsphilosophisch informierte autofiktionale bzw. autotheoretische literarische Form überführt, die erlebbares Modell und gehaltvolle Theorie des Selbst in einem ist.