Simon Küffer
«Warum sehe ich an der HKB fast nur Schweizer*innen?»
Nachhaltigkeit ist für mich ein problematischer, ideologisch gefärbter Begriff. Positiv verstanden meint er eine Art zyklische Reproduktionslogik: nicht die Frage, wie alles besser wird, sondern, wie wir agieren müssen, damit es uns morgen noch gleich gut geht.
Klar dürfte das Thema Nachhaltigkeit vermehrt Gegenstand der Lehre sein, aber wir würden nur einen geringen Impact erzielen. Wir sind letztlich ein elitärer Club, bewegen uns in einer Bubble, entsprechend gering ist die Aussenwahrnehmung.
Dass Nachhaltigkeit zum Qualifikationsprofil von Berufseinsteigenden beiträgt, bezweifle ich. In der Wirtschaft bestimmt letztlich eine Investitionslogik. Im Design haben wir viele tolle Ansätze: Social Design, Critical Design und wie sie alle heissen. Eine Geldgeber*in interessiert das nur, wenn sich damit Profite sichern lassen. Es muss der HKB vor allem gelingen, berufsbefähigte Leute auszubilden, das wäre sozial nachhaltig. Aktuell kommen unsere Designer*innen aus dem Studium, und mehrheitlich gestalten sie nicht ein originelles Plakat für ein Theater, sondern müssen in drei Tagen 15 Swisscom-Inserate vorlegen – was sie nicht können. Da gerät ein nachhaltiges Mindset eher zur Verbrämung.
Ähnlich in der Forschung: bei uns im Bereich Design gibt es viel angewandte Forschung, da die Praxisorientierung spannend und die Drittmittelbesorgung leichter ist. Das heisst aber: Man lässt sich die Probleme, zu denen man Lösungen sucht, von aussen diktieren, oder akzeptiert zumindest deren Voraussetzungen. So riskiert man, Druck von den Entscheidungsträger*innen zu nehmen, im schlimmsten Fall sogar Nachhaltigkeit zu untergraben. Vielfach lautet ja die beste Designlösung: Besteuert die Reichen und zahlt die Leute angemessen.
Sozial breite Teilhabe, das wäre in meinen Augen wünschenswert. Warum sehe ich an der HKB fast nur privilegierte Schweizer*innen? Da könnte man gleich in Bümpliz Nord beginnen, wo sich die HKB besser verankern müsste. Die Probleme liegen hier wörtlich vor der Haustür. Die HKB kann nicht Probleme lösen, von denen sie systematisch Teil ist – aber sie sollte das Maximum versuchen, und sonst von Nachhaltigkeit schweigen.
Das Gespräch führten Urs Zehnder und Jürg Freudiger.