Spurenbestandteile in Ägyptisch Blau als kunsttechnologischer Informationsträger
Die Forschungsarbeiten basieren auf dem Erfassen von mineralischen Spurenbestandteilen und damit individueller «biografischer» Details in römisch-antikem Ägyptisch Blau aus der Schweiz mittels Ramanmikroskopie.
Steckbrief
- Beteiligte Departemente Hochschule der Künste Bern
- Institut(e) Institut Materialität in Kunst und Kultur
- Forschungseinheit(en) Technologie in Kunst und Kultur
- Förderorganisation Andere
- Laufzeit (geplant) 01.08.2021 - 31.07.2022
- Projektleitung Petra Dariz
- Projektmitarbeitende Dr. Thomas Schmid
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Partner
Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung, Berlin
Site et Musée romains d’Avenches
Augusta Raurica
Goethe-Stiftung für Kunst und Wissenschaft
UBS Kulturstiftung
Ausgangslage
Das künstliche Pigment Ägyptisch Blau wird von der römischen Antike bis in das Frühmittelalter in der Wandmalerei als fast ausschliessliches Blaupigment verwendet. Die Herstellung erfolgt durch Erhitzen einer Rohmaterialmischung aus Quarzsand, Kalkstein, Kupfererz und Flussmittel (Soda, Pflanzenasche) auf etwa 950°C. Römische Quellen berichten um die Zeitenwende vom Transfer der in Ägypten entwickelten Technologie durch einen gewissen Vestorius nach Pozzuoli in den nördlichen Phlegräischen Feldern (Süditalien); archäologische Evidenzen lassen ebendort ein tatsächliches Produktions- und Handelsmonopol vermuten. Eine ramanmikroskopische Vorstudie an frühmittelalterlichem Ägyptisch Blau aus Südtirol (Norditalien) mündete kürzlich im Nachweis von 28 Mineralen mit Gehalten vom Prozentbereich bis zu 0,1 Promille, darunter auch in Strandsanden vom Golf von Neapel zu findende Spurenbestandteile. Diese neuen Erkenntnisse zur unerwartet komplexen Phasenzusammensetzung des Blaupigmentes werden im Rahmen des Forschungsprojektes an römisch-kaiserzeitlichen bis spätantiken Pigmentkugeln und Wandmalereifragmenten aus Avenches und Augusta Raurica überprüft.
Vorgehen
Analog zur Vorstudie erfolgt ein flächendeckendes Abtasten der Pigmentkugeln bzw. der Malschichtoberflächen mittels Laserstrahl unter dem Ramanmikroskop für eine zerstörungsfreie Mineralienbestimmung an jedem Messpunkt und die schlussendliche softwaregestützte Erstellung von Verteilungskarten (Raman map).
Ergebnisse
Die mineralischen Spurenbestandteile von Ägyptisch Blau konservieren «biografische» Informationen über Art und Herkunft der Rohmaterialien, Herstellungsparameter und chemischer Reaktionen während der maltechnischen Verarbeitung als auch Alterung des Pigmentes. Der Vergleich der diesbezüglichen Charakteristiken von römisch-antiken und frühmittelalterlichen Fabrikaten im Alpenraum vermag die aktuell vermutete kontinuierliche Monopolstellung in Fabrikation und Handel von Ägyptisch Blau in Pozzuoli und den Fortbestand dieser Produktionsstätten über den Untergang Westroms hinaus zu belegen.