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Köpfe der Forschung: Sebastian Dobrusskin
03.07.2023 Womit beschäftigt sich das Institut Materialität in Kunst und Kultur? Dessen Leiter, Sebastian Dobrusskin, gibt Einblicke und berichtet auch über seine Forschungsthemen.
Sebastian Dobrusskin hat an der Akademie der bildenden Künste Wien Restaurierung und Konservierung studiert. Nach Stationen als Fotorestaurator an der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien und als Werkstattleiter der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart führte ihn sein Weg 1993 in die Schweiz. An der HKB leitet er das Institut Materialität in Kunst und Kultur und lehrt im Fachbereich Konservierung und Restaurierung.
Sebastian Dobrusskin, du hast dich als Konservator-Restaurator sehr früh auf die Fachgebiete Grafik und Fotografie spezialisiert. Woher kam dein Interesse dazu?
Ursprünglich lag mein Hauptinteresse auf der mittelalterlichen Tafelmalerei und Skulptur, doch schien mir im ersten Studienjahr die Materialvielfalt in diesem Gebiet recht eingeschränkt – was ich heute natürlich differenzierter sehe. Ich wandte mich deshalb der modernen Kunst zu. Hier lernte ich das Arbeiten mit Papier kennen, einem fantastischen Material, das trotz seiner vermeintlichen Fragilität richtig behandelt Jahrhunderte unbeschadet überdauert. Der Schritt in Richtung Konservierung und Restaurierung von Fotografie war dann ein kleiner, weil ich mich schon vor dem Studium mit dem Fotografieren beschäftigte und sich durch einen Vortrag von Klaus Hendriks die Möglichkeit ergab, ein Praktikum an den National Archives in Ottawa, Ontario zu absolvieren.
Seit 2005 leitest du das Institut Materialität in Kunst und Kultur. Womit beschäftigen sich dort die Forschenden?
Das Spektrum, in dem das Institut forscht, ist breit und rund um die Materialität von Kunst und Kulturgut angesiedelt. Dies ist zum einen den vielfältigen Forschungsinteressen der interdisziplinären Forscher*innen aus dem Fachbereich Konservierung und Restaurierung geschuldet, zum anderen der Organisationsstruktur, in der die Forschung an der HKB aufgestellt ist. Diese Struktur erlaubt es, unsere Kompetenzen auch in anderen Gebieten als der Restaurierung der Forschung zur Verfügung zu stellen. Sie erleichtert es, interdepartementale Projekte zu etablieren und die strategischen Themenfelder der BFH zu bedienen. Die Mitarbeiter*innen des Instituts forschen zu Themen wie der Untersuchung und Restaurierung von Kunstwerken bis hin zur Entwicklung von neuen Technologien für die Industrie.
Über 13 Jahre warst du Vorstandsmitglied der European Confederation of Conservator-Restorers’ Organisations (E.C.C.O.). Wie hat die Tätigkeit in diesem internationalen Verbund deine Forschung beeinflusst?
Die Vorstandsarbeit bei E.C.C.O., zu der ich vom Schweizerischen Verband für Konservierung und Restaurierung (SKR) delegiert war, hat meine Arbeit an der HKB in zweifacher Weise beeinflusst: Einerseits entwickelten wir als Berufsverband Empfehlungen, die sowohl vom Europarat und der EU-Kommission wahrgenommen wurden, als auch europaweit Einfluss auf die Ausbildung von Restaurator*innen nahmen. Andererseits erfuhr ich über den Einsitz im Steuerungsausschuss für Kultur, Kulturerbe und Landschaft (CDCPP) des Europarats von den aktuellen Problemen, die in Europa in den vergangenen Jahrzehnten zum Thema wurden (z. B. SDGs, Klima- und digitaler Wandel, künstliche Intelligenz) und konnte diese entsprechend früh an der HKB einbringen.
Kürzlich hast du das Innosuisse-Projekt «Entwicklung von wässrigen Tinten für lichtbeständige digitale Untereloxaldrucke» beendet. Worum ging es da?
Ja, dies ist eines der Projekte, das nicht in die Konservierung-Restaurierung fällt, sondern die Kompetenzen unserer Forscher*innen im Bereich der Prüfung von Lichtbeständigkeit und der Inkjettechnologie erfordert. Beim Untereloxaldruck wird das Bild mit Inkjet in die frisch eloxierte nanoporöse Aluminiumoxidschicht gedruckt, anschliessend wird die Oberfläche versiegelt. Als Farbmittel für den Druck können nur Farbstoffe eingesetzt werden, denn Pigmente, die lichtechter wären, sind zu gross, um in die 20–30 Nanometer feinen Poren einzudringen. Die bisher erhältlichen industriellen Systeme arbeiten mit mässig lichtechten, in organischen Lösungsmitteln gelösten Farbstoffen. Diese verbleichen im Aussenbereich relativ schnell, sind aufgrund der Lösungsmittel wenig umweltverträglich und nur mit unwirtschaftlich hohem Aufwand per Flugzeug transportierbar.
In unserem Forschungsprojekt haben Rita Hofmann, Kristina Herbst und ich zusammen mit zwei Industriepartnern sowie einer externen Firma experimentelle Inkjettinten auf wässriger Basis entwickelt. Diese Tinten verzichten auf schwermetallhaltige Farbstoffe und sind lichtbeständiger als die bisher zur Verfügung stehenden. Wie so oft nach dem Abschluss eines Projekts, entwickeln sich auch hier noch laufend neue Ideen zum Thema und ich bin gespannt, ob und wie wir sie umsetzen können.
Vielen Dank für dieses Gespräch.
Das Gespräch führte Nathalie Pernet