- Story
HKB-Studentin Sophie Berger befragt
24.03.2025 Sophie Berger studiert an der HKB Conservation-Restoration mit der Spezialisierung Moderne Materialien und Medien. Sie erzählt, wie es dazu gekommen ist und über die Vorteile der Arbeit an jungen Kunstwerken.

Wir treffen uns beim Eingang zum Fachbereich Konservierung und Restaurierung an der Fellerstrasse 11 mit der 25-jährigen Sophie Berger. Freundlich und aufgestellt führt sie uns ins Atelier, das zur Linken ein grosses Holzkunstwerk beherbergt und zur Rechten hinter einer Glaswand diverse Mediengeräte zeigt. Die Masterstudentin setzt sich auf einen Stuhl vor das Kunstwerk «Halber Findling (Martin)» und erzählt uns über die Arbeit an diesem Kunstwerk und ihren persönlichen Werdegang.
Wie bist du an die HKB gekommen?
Ich war schon immer sehr an Kunst und Kultur interessiert. Ich habe gewusst, dass ich gerne in diesem Bereich weiterarbeiten möchte. Als ich nach der Matura ein Interview mit einem Restaurator gelesen habe, wusste ich, dass ich das gerne machen würde. Um noch mehr herauszufinden, habe ich in der Universitätsbibliothek Basel ein einjähriges Praktikum im Bereich Konservierung-Restaurierung absolviert. Danach bin ich an die HKB gekommen.
Während dem Praktikum habe ich mich vor allem um verschiedene Bücher und Schriftgrafiken gekümmert. Das heisst, ich habe Bücher gereinigt, ich habe Risse, welche in den Seiten der Bücher waren, geschlossen und Buchrücken restauriert.
Dies klingt nach alten Materialien. Du hast dich aber im Bereich Moderne Materialien und Medien spezialisiert. Wie ist es dazu gekommen und welche Materialien sind damit gemeint?
Das ist spontan entstanden: Nach meinem Praktikum im Papierbereich dachte ich zunächst, dass ich gerne in dieses Spezialisierungsatelier gehen möchte. Als wir im Studium Besuche in den verschiedenen Ateliers gemacht haben, stellte ich jedoch fest, dass ich mich hier im Atelier Moderne Materialien und Medien viel wohler fühle. Die grosse Vielfalt an Materialien hat mich begeistert: Kunststoff, aber trotzdem auch Holz, Film, Medien im allgemeinen oder softwarebasierte Kunstwerke zum Beispiel.
«Als ich dann hierhin kam, war ich erstaunt, dass wir erstens schon ab dem ersten Semester effektiv an Kunstwerken arbeiten durften.»
Du sitzt hier vor einem Kunstwerk. Magst du uns darüber erzählen und was die Verbindung zu dir ist?
Das Kunstwerk heisst «Halber Findling (Martin)» und ist von Reto Steiner 2010 hergestellt worden. Es ist eine Installation, die ungefähr 3 auf 4 Meter gross ist und mein letztes Atelier-Projekt war. Im Rahmen meines Studiums habe ich das Kunstwerk aufgebaut. Unsere Aufgabe war es, dem Kunstwerk anhand der Dokumentation und einer Aufbauanleitung eine Zukunft zuzusichern, sodass es in einer nächsten Ausstellung wieder neu aufgebaut werden kann.
Das Problem an diesem Kunstwerk war, dass es aus über 130 einzelnen Holzteilen besteht. In der Ausstellung waren sie vollständig und vollzählig. Die Kunstsammlung vom Kanton Bern hat es angekauft und nach der Ausstellung 2010 alle einzelnen Holzteile im Depot gelagert. Es war nicht klar, ob alle Teile vorhanden waren und vor allem, wie man das Kunstwerk wieder aufbaut und wie die einzelnen Teile zusammengehören. Und weil man es nicht aufbauen konnte, konnte das Kunstwerk nicht gezeigt werden. Wir haben im Atelier eine Aufbauanleitung für das Kunstwerk geschrieben, das den Wiederaufbau und damit auch das Ausstellen des Kunstwerks ermöglicht.
Gibt es den Künstler noch und wie ist es zum Auftrag gekommen?
Der Künstler Reto Steiner lebt noch. Wir hatten die Gelegenheit, mit ihm mehrere Interviews und Gespräche zu führen. Gerade in diesem Spezialisierungsbereich Moderne Materialien und Medien ist es ein grosser Vorteil, dass Kunstwerke oft noch jung sind und somit die meisten Künstler und Künstlerinnen noch leben. Das stellt für uns eine Möglichkeit dar, mit ihnen ins Gespräch zu treten. Der Auftrag ist, über die Kunstsammlung des Kantons Bern entstanden.
Jetzt stehst du kurz vor dem Abschluss und befindest dich im letzten Semester. Wie gestaltet sich so ein Abschluss und wie bei dir im Konkreten?
Das sieht so aus, dass man bereits im ersten Semester des Masters anfängt, sich mit der Masterthesis auseinanderzusetzen, im zweiten Mastersemester schreibt man eine kleine Disposition zur Masterthesis, im dritten Semester hat man eine Zwischenpräsentation und das ganze vierte Semester setzt man sich effektiv mit der Masterthesis auseinander. Weil ich das vergangene Semester in Wien verbracht habe, werde ich etwas länger studieren als normal.
Ich bin jetzt am Schreiben meiner Masterthesis zum Thema «Nachhaltigkeit in der Konservierung-Restaurierung». Präzise Klimarichtlinien sorgen dafür, dass das Raumklima jeweils stabil bleibt und Kunstwerke und Kulturgüter keinen Schaden nehmen. Über eine Öffnung dieser Richtlinien wird derzeit diskutiert, so dass beispielsweise im Sommer die Temperatur ein wenig wärmer und im Winter etwas kühler sein darf. In meiner Masterthesis befasse ich mich mit der Haltung schweizerischer Institutionen zu dieser Diskussion. Ich untersuche die Beweggründe, die Entscheidungsträger für oder gegen eine solche Massnahme haben und welche offenen Fragen geklärt werden müssen, bevor eine fundierte Entscheidung zur Umsetzung getroffen werden kann. Dies werde ich unter anderem anhand von Umfragen und Interviews tun.
Warum ein Austausch in Wien? War das fachlich besonders interessant oder gab es private Gründe?
Ich habe einen Austausch in Wien gemacht, weil in Wien an der Akademie der bildenden Künste die Spezialisierungsrichtung Moderne Materialien und Medien auch unterrichtet wird. Und auch, weil Wien mich als Stadt sehr gereizt hat und sie kulturell viel zu bieten hat. Es war eine super Erfahrung für mich! Es ist auch schön, dass sich das von hier aus sehr gut hat ermöglichen lassen.
Gibt es etwas, das du dir anders vorgestellt hast, als du das Studium gestartet hattest?
Als ich das Studium gestartet habe, habe ich mir vorgestellt, dass man sehr oft für sich allein in den Ateliers hier an der Fellerstrasse an den eigenen Projekten arbeiten würde. Als ich dann hierhin kam, war ich erstaunt, dass wir erstens schon ab dem ersten Semester effektiv an Kunstwerken arbeiten durften – natürlich in enger Betreuung – und zweitens, dass wir genau hier in dieser Spezialisierungsrichtung viel Austausch haben: Nicht nur mit unseren Mitstudierenden, sondern auch mit Künstlerinnen und Künstlern, aber auch mit anderen Restaurator*innen und so im Dialog versuchen, eine Lösung für ein Kunstwerk zu finden. Was für mich auch spannend war, ist, dass wir hier sehr viel Naturwissenschaften haben, gerade in den ersten Semestern, aber auch sehr viel Kunstgeschichte. Die Kombination hat für mich gestimmt und war spannend.
Hast du schon eine Idee für eine Traumbeschäftigung?
Noch nicht explizit. Ich bin sehr gerne hier und das Studium macht mir Spass. Also bin ich hier am richtigen Ort. Ich arbeite gerne in einem Team, weshalb ich mir gut vorstellen könnte, in einer Institution als Restauratorin angestellt sein.
Gibt es ein Highlight aus dem Studium, das du gerne erwähnen möchtest?
Ein Highlight aus meinem Studium ist das Projekt, vor welchem ich sitze. Es ist spannend gewesen für mich, hier und im Team zu arbeiten. Was mich vor allem fasziniert hat, ist, dass es in der Restaurierung nicht nur darum geht, dass man einen Riss bei einem Kunstwerk schliesst und so dafür sorgt, dass das Material an und für sich wieder intakt ist, sondern dass wir auch durch die Dokumentation von Kunstwerken dazu beitragen können, dass ein Kunstwerk wieder ausgestellt werden kann und ihm so eine Zukunft zusichern. Und in diesem Projekt bin ich hier in einer neuen, etwas ungewohnten, aber sehr spannenden Rolle gelandet.